Augen zu und durch

Von Michael Miersch

Süddeutsche Zeitung und Deutschlandfunk bemühen jetzt Politikwissenschaftler, die die wachsende Zustimmung zur AfD damit erklären, dass die Medien zu viel über Probleme mit Migranten berichten. Sie sind der Meinung, die AfD würde schrumpfen, wenn man über Verbrechen von Einwanderern schweigt. Es scheint für sie nebensächlich zu sein, dass der hohe Anteil junger Männer aus muslimischen Ländern bei Gewalttaten längst statistisch erwiesen ist, es sich bei Berichten also nicht um aufgebauschte Einzelfälle handelt. Originellerweise übernehmen diese Expertinnen und Experten damit eine typische AfD-These: Die Medien sind an Allem schuld! Nur in umgekehrter Form, denn aus Sicht von Weidel und Co. werde zu wenig über migrantische Kriminalität berichtet.

Vor noch nicht allzu langer Zeit war es typisch rechts, unangenehme Wahrheiten auszublenden. In Nachkriegsjahren und noch lange danach wurde über die Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus eisern geschwiegen. Auch Probleme wie Männergewalt gegen Frauen und Kinder in Familien wurden von Rechten und Konservativen tabuisiert. Jetzt sind es die Woken und ihre akademischen Sympathisanten, die über Mord, Totschlag und Vergewaltigung nicht sprechen wollen. Vermutlich ist gerade dies der beste Dünger für die AfD.

Zur Erinnerung zwei Zitate linker Leitfiguren: „Alle politische Kleingeisterei besteht im Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist,“ schrieb Ferdinand Lassalle. Und von Rosa Luxemburg stammt der berühmte Satz: „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.“