Das Schweigen im Blätterwald

Von Michael Miersch

Zu Jahresbeginn häufen sich einmal wieder die Hiobsbotschaften über die alten Leitmedien des westdeutschen Journalismus. Süddeutsche, Stern und Focus werden noch ein Stück weiter kaputtgeschrumpft. Die Entlassungswellen schwappen nun schon seit mehr als zehn Jahren über die Redaktionen. Wie einst die Kohlekumpel sehen die Journalisten wie in immer schnellerer Folge ihre Arbeitsstätten verschwinden. Es betrifft alle, die einmal als „die vierte Gewalt“ im Staat bezeichnet wurden, von der FAZ, über den Spiegel bis Bild. ARD und ZDF wären auch längst pleite, würde sie nicht durch Gebühren am Leben erhalten. Leser und Zuschauer ignorieren, was einst so wichtig war. Montags musste man den Spiegel gelesen haben, wenn man im Büro erschien, die Tageschau hatte buchstäblich jeder gesehen und am Vorbeigehen schnappt man schnell noch auf, was die Bildzeitung gerade skandalisierte. Das war einmal. Die Branche selbst berichtet selten und recht wortkarg über die Krise. Würde ein anderes einst so stolzes Gewerbe ähnlich im Elend versinken, gäbe es dazu Schlagzeilen im Dutzend. Auch dies trägt zum Glaubwürdigkeitsverlust bei. Die Journalisten, die noch einen Job haben, mucken nicht auf. Ehrlichkeit noch Mut werden nur noch simuliert. Leser und Zuschauer merken es und wenden sich ab.