Freud spukt durch Hollywood und Babelsberg

Von Michael Miersch

In den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts demontierten Wissenschaftlerinnen und Feministinnen Freuds Theorie der weiblichen Sexualität, gemäß der es ein infantiles (klitorales) Lustempfinden gäbe und ein erwachsenes (vaginales). Seither ist (zumindest in Kulturen, in denen über Sexualität gesprochen werden darf) allgemein bekannt, dass das alleinige Vor- und Zurückschieben eines Penis in der Vagina nur wenige Frauen zum Orgasmus führt. Nicht so im Kino. Dort wird Sex immer noch unbeirrt freudianisch dargestellt. So gut wie immer, wenn die Regie dem Publikum zeigen will „Diese beiden haben nun sensationell lustvollen Sex miteinander“, geht das so: Sie blicken sich an, sie küssen sich, sie reißen sich die Kleider vom Leib und dann…ja dann praktizieren sie die Sorte Sex, für die Alice Schwarzer einst das hässliche Wort „Penetration“ einführte. Nach kürzester Zeit mimt die Darstellerin einen vulkanhaften Höhepunkt. Gehört Freuds „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ zum Kurrikulum an Filmhochschulen? Wenn ja, sollte das mal geändert werden.