Zweifel ist der Weisheit Anfang

Von Michael Miersch

„Alle Experten sind Experten der Vergangenheit,“ lautet ein Zitat von David Ben-Gurion, „Zukunftsexperten gibt es nicht.“ Diese einfache Erkenntnis schützt vor zu hohen Erwartungen an die Wissenschaft. Im Laufe der Covid-19-Pandemie haben viele Menschen erstaunt bemerkt, dass auch Koryphäen vieles nicht wissen, und dass etliche Erkenntnisse unter den Experten umstritten sind. Die Datenlage weist Lücken und Widersprüche auf. Das Virus hält sich nicht an Prognosen. Welche Maßnahme wie wirkt, kann schlecht vorausgesagt werden. All dies ist völlig normal. Wissenschaft bedeutet, sich nach vorne zu irren. Doch ein realistisches Bild von Wissenschaft ruft bei vielen Menschen Enttäuschung und sogar Aggression hervor. Das ist verständlich, denn in den vergangenen Jahren haben viele Journalisten und Politiker so getan, als gäbe es die Wissenschaft, die alles ganz genau weiß und sich darüber völlig einig ist. Besonders beim Thema Klimawandel galt es quasi als Gotteslästerung, wenn man darauf hinwies, dass auch Experten nur Meinungen haben. Die basieren zwar auf mehr Faktenwissen als bei Laien, aber eben auch auf lückenhaften Daten, Annahmen und vereinbarten Prämissen. Wir haben nichts Besseres als Wissenschaft, um uns in der Welt zu orientieren. Wenn man so tut, als sei Wissenschaft allwissend, erklärt man sie zur Religion. Das nützt am Ende nur den Religionen, Ideologien und den Scharlatanen.

(Die Überschrift ist ein Zitat und stammt von René Descartes)