Bürgerrat, Bürgerbetreuer und Jubeljournalisten

Von Michael Miersch

In der Sowjetunion gab es Versammlungen in den Betrieben, in denen die Beschlüsse der Staatspartei von den Arbeitern bestätigt werden sollten. Damit dann die Staatsmedien berichten konnten, wie einig sich Volk und Partei seien. Stets forderten die Versammelten, dass die Beschlüsse der Partei konsequent umgesetzt werden sollten.

Solche offensichtlich pseudodemokratischen Rituale gibt es in freiheitlichen Ländern nicht – dachte ich bisher. Seit ich die Jubelberichte zum Bürgerrat Klima gelesen habe, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Der Bürgerrat Klima sei eine ganz famose Sache erfuhr ich in Medienberichten. Endlich höre die Politik den Bürgern zu.

Vom 26. April bis 23. Juni tagte der Bürgerrat Klima. 160 Menschen, zufällig ausgewählt aus ganz Deutschland, haben über 50 Stunden lang über mögliche Maßnahmen zum Umgang mit der Klimakrise diskutiert, Vorträge gehört und Empfehlungen erarbeitet.

Dabei wurden sie von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft informiert. Das machte mich neugierig. Ich schaute mir die Website des Bürgerrats an und las die Ergebnisse der Diskussionen. 95 Prozent der Teilnehmer votierten unter anderem für Folgendes:

  • Deutschland soll als globales Vorbild für klimaneutrales Leben und Wirtschaften vorangehen.
  • Im Sinne des Gemeinwohls hat der Schutz des Planeten oberste Priorität, diesem müssen sich wirtschaftliche Interessen und Einzelinteressen unterordnen.
  • Klimaschutz ist ein Menschenrecht und muss ins Grundgesetz aufgenommen werden.

Schöner hätte es die Bundesregierung oder Fridays For Future auch nicht formulieren können. Nun wurde ich neugierig, woher sich die Bürger die Expertise für ihre Konferenz geholt hatten. Auf der Website kann man nachlesen, dass die Teilnehmer von 27 Kuratoren beraten wurden. Außerdem kamen zu jeder der zwölf Sitzungen Referenten, die teilweise mit den Kuratoren identisch waren, teilweise zusätzlich eingeladen wurden. Außerdem standen den Bürgern sechs Faktenchecker zur Seite. Kuratorinnen, Referenten und Checker kamen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dem Öko-Institut Freiburg, dem Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung, Scientists for Future, dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, dem Deutsches Klima-Konsortium und ähnlichen Instituten. Professor Claudia Kemfert gehörte ebenso dazu wie Professor Harald Welzer. Zur Einführung ins Thema referierte Professor Stefan Rahmstorf. Somit die komplette Seilschaft der Weltuntergangspropheten.

Kein Medium hielt es für nötig, die geistige Monokultur und das manipulative Konzept dieser Veranstaltung zu thematisieren.

PS: Wie weit der Einfluss des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung geht, wurde auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 deutlich, welches die Regierung zu einer forcierten Klimapolitik verpflichtet. Das Gericht erklärte, dass die dramatischen Prognosen, auf denen sein Urteil basiert, unter anderem aus einem populärwissenschaftlichen Buch von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber stammen.