Eine, die immer da war

Von Michael Miersch

Aus gegebenen Anlass: Die Maxeier-Miersch-Kolumne aus der  WELT vom 20. Juni 2013

In der ersten Halbzeit des Jahres 2013 haben uns zwei Begebenheiten besonders beeindruckt: Die Abdankung von Benedikt XVI, die uns daran erinnerte, dass wir nunmehr schon sieben Päpste lang auf der Welt sind. Und das 60. Krönungsjubiläum von Queen Elizabeth II, die – so dachten wir – das einzig verbliebene Staatsoberhaupt sei, welches seit unserer Geburt regiert. Allerdings hatten wir in diesem Moment Rama IX von Thailand vergessen, auch als König Bhumibol bekannt, der bereits seit 1946 im Amt ist.

Man gewöhnt sich an langjährige Staatsmänner und -frauen wie an Wegmarken beim Reisen. Die wenigsten denken über sie nach, dennoch geben sie unbewusste Orientierung, weil sie einfach immer da sind. Angenehmerweise stehen sie jedes Mal, wenn man vorbeikommt, stets an derselben Stelle. Wenn man diese Funktion dann auch noch mit einem Maximum an Dezenz ausfüllt wie die Queen, dann ruft schon der bloße Anblick wohlige Zufriedenheit und ein Gefühl der Sicherheit hervor. Ach ja, die Queen, die ist ja auch noch da – wie schön.

Es gab in der neueren Geschichte noch ein paar andere Dauermachthaber, von denen man glaubte, sie würden niemals verschwinden. Doch die waren aus einem völlig anderen Holz: Gewaltmenschen wie Gaddafi, Mobutu oder Castro, die nur durch permanente Einschüchterung ihrer Untertanen die geraubte Macht in die Länge zogen. Oder geniale Wendehälse wie der ewige Anastas Mikojan, der als einziger sowjetischer Parteibonze ein unglaubliches Kunststück schaffte: Er überlebte von Lenin bis Breschnew und hatte dabei immer irgendeinen Ministerposten.

Verdrossen blicken die Völker auf die zähe Kontinuität solcher Gestalten und hoffen auf ihr Ableben. Für freiheitsliebende Menschen gibt es kaum etwas Frustrierenderes als Dauerdiktatoren, die komfortabel im Bett sterben und ihrer gerechten Strafe entgehen. Wie angenehm hebt sich die Queen von solchen machtbesessenen Ehrgeizlingen ab. In aller Bescheidenheit beschränkt sie sich darauf, das britische Volk und die älteste Demokratie der Welt zu repräsentieren. Sie dient Labour ebenso loyal wie den Tories und begnügt sich damit, eine Projektionsfläche für jedermann zu sein, ohne dabei selbst blass zu wirken.

Wir hoffen von Herzen, dass sie noch lange durchhält. Schon damit dieser grüne Esoteriker vom Thron ferngehalten wird.