Familienharmonie

Von Michael Miersch

Soziologen und Psychologen berichten, dass es lange nicht mehr so friedlich zuging zwischen den Generationen wie zurzeit. Jugendliche übernehmen die Ansichten ihrer Eltern. Junge erwachsen verlassen immer später da Elternhaus. In vielen Familien fällt die pubertäre Rebellion aus. Harmonie statt trotziger Fundamentalopposition. Als die Eltern-Kind-Konflikte noch die Reihenaussiedlungen erschütterten und es cool war, vor der Volljährigkeit das Nest zu verlassen, lautete ein viel gedruckter und gesprühter Spruch: „Wir sind die Leute, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben.“ Heute sah ich Plakate, mit denen die Jugendorganisation „Fridays for Future“ zu einer Demonstration aufruft, und staune nicht schlecht. „Mama ist immer erste Wahl,“ stand da. So einen Satz hätte nicht einmal der ärgste Streber in meiner Klasse von sich gegeben. Mit der „Mama“ ist „Mutter Erde“ gemeint, für deren Wohl man demonstrieren soll. Ich stelle mir gerade vor, in den 1970er-Jahren hätte einer „Mutti ist für den Marxismus!“ an die Schulwand gesprüht.