Titelblatt BJV-Report

Titelblatt BJV-Report Nr.1/2022

„Neue Berufsethik“ für Journalisten

Von Michael Miersch

Beim Thema Klimawandel hat apokalyptische Volkserziehung über kritische Distanz gesiegt. Ein Berufsverband für Journalistinnen und Journalisten findet die einseitige Berichtserstattung ganz prima.

„Klimawandel: Wie grüner Journalismus zur Normalität wird,“ lautet die Titelzeile auf dem Magazin BJV-Report des Bayrischen Journalisten-Verbandes (dessen Mitglied ich bin). Liest man die dazugehörigen Artikel wird klar, der Berufsverband hat kein Problem damit, dass alle Berichterstattung „grün“ gefärbt werden soll (wenn sie es nicht bereits ist). In den vier zum Titelthema gehörenden Texten steht jedenfalls kein kritisches Wort dazu. Stattdessen werden ausschließlich begeisterte Aktivisten und Journalisten zitiert. So der Darmstädter Professor Torsten Schäfer, der sich eine „eine neue Berufsethik“ für den Klimajournalismus wünscht, und fordert: „Wir brauchen eine nachhaltige Förderung von Journalismus zum Thema Umwelt und Klima.“ Als Vorbild präsentiert BJV-Report Kai Schöneberg, den Ressortleiter Wirtschaft der taz, der für eine „klimagerechte Sprache“ eintritt. Dazu gehört beispielsweise von „Erderhitzung“ statt „Erderwärmung“ zu schreiben. Ganz super findet das Verbandsblatt auch den Radiosender egoFM, der auf dem besten Weg sei, ein „nachhaltig arbeitender, klimaneutraler Bio-Sender“ zu werden. Da will der Bayerische Rundfunk nicht nachstehen und lässt „Polizeiruf 110“ von einen „Green-Consultant“ begleiten. Auch Öko-Strom und Lastenfahrräder für Reporter hat der BR in petto. Toll auch, dass RTL „regionale Produkte im firmeneigenen Bistro“ anbietet, gekocht mit „Ökogas“. „Green Media wird in den Medienhäusern zum strategischen Thema,“ resümiert der BJV-Report. Der BJV ist die bayerische Abteilung des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), der Gewerkschaft für Journalistinnen und Journalisten. Ich will nicht undankbar sein. Zwischen 2013 und 2016 bekam ich vom DJV ideelle und vom BJV materielle Unterstützung beim langwierigen Prozess gegen das Umweltbundesamt, das mich öffentlich denunziert hatte. Es ist den Gewerkschaftern hoch anzurechnen, dass sie einem Kollegen halfen, der es nicht gut findet, dass „grüner Journalismus“ Normalität ist.